G. Lang: Bischöfe von Seo de Urgel

Cover
Titel
Die Bischöfe von Seo de Urgel als Kofürsten von Andorra (1901–1940).


Autor(en)
Lang, Gerhard
Erschienen
Hamburg 2011: Verlag Dr. Kovač
Anzahl Seiten
586 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Thomas Fries

Vf., ein durch verschiedene Publikationen ausgewiesener Kenner Spaniens und der spanischen Sprache, hat es in vorliegender Arbeit, die zugleich im Jahr 2011 als Dissertation an der Universität des Saarlandes eingereicht wurde, unternommen, das Wirken der Bischöfe von Seo de Urgel (unweit der Grenze Andorras und seit dem 6. Jh. eigener Bischofssitz) im Zeitabschnitt von 1901–1940 zu untersuchen. Auf den ersten Blick ist die Arbeit damit in der Kirchengeschichte zu verorten, jedoch wird an der Herangehens weise deutlich, wie sehr Zeitgeschichte und Kirchengeschichte ineinander übergehen und miteinander verwoben sind. Am Ende zeigt sich, dass aufgrund der politischen Verstrebungen die pastoralen Gesichtspunkte der betreffenden Bischöfe fast aussen vor zu lassen sind (s. 5.2. Der pastorale Aspekt). Untersuchungsgegenstand und -zeitraum werden im einleitenden ersten Teil umfassend gerechtfertigt und bereits der Hinweis auf die Quellenlage (1.1.2) macht gemeinsam mit den reichlich konsultierten Archiven (v.a. Katalanisch, Spanisch, Französisch, zusätzlich Russisch, Holländisch, Portugiesisch, Englisch, Latein) zur Sichtung historischer Informationen und Belege den wissenschaftlichen Anspruch der Arbeit deutlich: Es soll eine vorhandene Forschungslücke geschlossen bzw. bis dato veröffentlichte Untersuchungen auf den aktuellen Forschungsstand gebracht und Forschungsergebnisse erneut diskutiert werden. Die reiche Quellenarbeit sorgt dafür, dass neu gewonnenen Erkenntnisse zum benannten Zeitraum und den betroffenen Personen zu Tage gebracht werden konnten, darunter v.a. in Bezug auf das (stark politisch gefärbte) Wirken der Bischöfe Riu, Laguarda, Benlloch und Guitart zu Beginn des 20. Jh.

Diese Zeit war gekennzeichnet von der Konfrontation Andorras mit modernen Staatsstrukturen, wie sie sich international abzuzeichnen begannen: «eine feudale Struktur, die die Nachbarländer zu Beginn des XX. Jahrhunderts (längst) definitiv abgelegt hatten, wurde in Andorra weiter am Leben erhalten. Aber diese Struktur hatte bisher nur unter mittelalterlichen Rahmenbedingungen funktionieren müssen und war bis dato nie auf den Prüfstand bilateraler oder gar multilateraler Beziehungen gestellt worden.» (vgl. 46). Der Autor geht u.a. der Frage nach, wie sich der Bischof von Seo de Urgel, eine vornehmlich geistliche Macht mit herrschaftlichen Rechten über Andorra, und Frankreich, das ebenfalls herrschaftliche Rechte innehatte, in Bezug auf Andorra positionierten und den Übergang aus den feudalen in freiheitlich- demokratische Strukturen, die Modernisierung des Landes betreffend, gestalten sollten. Machtpolitisch spielt Spaniens Andorra- Politik u.a. in die Beziehungen zum Bischof von Seo de Urgel und durch die zeitweiligen Reaktionen auf die Andorra-Politik Frankreichs mit hinein. Den politischen Umbrüchen durch den Spanischen Bürgerkrieg kommt besondere Aufmerksamkeit zu. Anhand einer klaren Systematik durchstreift Vf. die Geschichte des wechselhaften Verhältnisses der Bischöfe Seo de Urgels in Bezug auf Andorra, einsetzend mit den historischen Voraussetzungen des ausgehenden 19. Jh. und schwerpunktmässig mit bereits genannten Bischöfen. Fragen wie diejenige nach der Handhabung der Zollfreiheit, dem Aufbau bzw. der Erweiterung der Infrastruktur (Bildungssystem, aber auch Strassenbau und Postverwaltung, Telefon, bzw. Telegrafenverbindung) werden ebenso aufgegriffen wie diejenigen der Gerichtsbarkeit und des Kirchenzehnts.

Gerhard Langs sorgfältig strukturierte Arbeitsmethode wird im Ergebnis deutlich: Das Buch, das in die Hände all derer gehört, die sich für die jüngere Geschichte Andorras wie auch der nachbarschaftlichen Einflüsse seitens Spaniens und Frankreichs interessieren, ist thematisch sehr übersichtlich und strukturiert angeordnet und verfolgt eine klare Gedankenlinie; der Zugang zur Fragestellung, der Forschungsstand und die verwendete Methode zeichnen sich innerhalb der ersten Seiten sehr bald ab; eine regelmässige Zwischenbilanzierung/ Zusammenfassung erlaubt es, schnellen Zugriff zu den Forschungsergebnissen und Inhalten zu erlangen, was dem Leser besonders bei der Informationssuche von Einzelaspekten der Studie entgegenkommt. Der Quellenteil einschliesslich einiger weniger Abbildungen und eigener Übersetzungen (511–572) befindet sich am Schluss des umfangreichen Werkes.

Zitierweise:
Thomas Fries: Rezension zu: Gerhard Lang, Die Bischöfe von Seo de Urgel als Kofürsten von Andorra (1901– 1940), Hamburg, Verlag Dr. Kovač 2011. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Religions- und Kulturgeschichte, Vol. 106, 2012, S. 729-730.

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